Wissenswertes

Selbstbeobachtung während einer homöopathischen Therapie

In der homöopathischen Behandlung spielt die Selbstbeobachtung des Patienten eine wichtige Rolle. Die Art und Weise, wie der Patient seine Symptome wahrnimmt und beschreibt, sind einzigartig. Der Homöopath gewinnt aus diesen Äusserungen des Patienten ein detailliertes Bild und kann damit die Therapie gezielter planen. Warum das so ist und wie Sie selbst Ihre homöopathische Therapie aktiv mitunterstützen können, erläutert der folgende Bericht.

Wie arbeitet der Homöopath?

Des Homöopathen Ziel ist es, den Patienten in seiner geistigen, seelischen und körperlichen Einmaligkeit zu erfassen und zu verstehen. Dies geschieht mittels eines ausführlichen Anamnesegespräches und allfälliger einfachen Untersuchungen wie Blutdruck Messen.

Für die Verschreibung einer homöopathischen Arznei ist nicht die medizinische Diagnose ausschlaggebend, sondern die Gesamtheit der Symptome. Jeder Patient drückt seine Krankheit individuell aus. Der Homöopath behandelt zum Beispiel nicht eine Grippe als solche, sondern Fieber mit Schüttelfrost morgens, begleitend von Heiserkeit, die abends schlechter ist, starkem Durst auf kalte Getränke und ständiger Sorge des Patienten um seine Familie.

Individualität

Die Homöopathie setzt voraus, dass zwei Menschen mit derselben Erkrankung diese auf eine unterschiedliche Art und Weise zum Ausdruck bringen. Als Beispiel: Zwei Patienten leiden an Nackenverspannungen. Der erste berichtet von stechenden Schmerzen, die zu Beginn einer Bewegung schlimmer sind und sich im weiteren Verlauf der körperlichen Betätigung bessern. Erstmals waren diese Nackenschmerzen nach einem zu raschen Abkühlen nach einem sportlichen Wettkampf aufgetreten. Der Patient fühlt sich sehr verantwortlich und seine Gedanken kreisen häufig um die Arbeit.

Der zweite Patient empfindet seine Nackenschmerzen als drückend. Sie konzentrieren sich auf die rechte Nackenseite. Üblicherweise bessern sich die Schmerzen, wenn er ruhig liegt, und verschlechtern sich wieder am späteren Nachmittag. Die Schmerzen waren erstmals am Tag vor einer schwierigen Präsentation vor Kunden aufgetreten.

Beide Patienten leiden zwar an Nackenverspannungen, doch ihre Lebensumstände und die persönlichen Symptome sind sehr verschieden. Aus diesem Grund erhalten sie verschiedene Arzneimittel.

Was soll der Patient beobachten?

Der Homöopath stellt für eine Verschreibung auf die persönlichen und individuellen Symptome des Patienten ab. Der Patient und seine Beobachtungen sind deshalb für den Homöopathen von grosser Bedeutung.

Versetzten Sie sich einmal in die Lage des Homöopathen! Gewinnen Sie eine Vorstellung, welche Beobachtungen für ihn wichtig sind.

  • seit einem Konflikt, Streit
  • nach dem Sitzen auf einem kalten Stein
  • nachdem Sie kalte Füsse gekriegt haben
  • seit einer Verletzung – seelisch oder körperlich?
  • seit einer Operation oder Narkose
  • seit dem Tod eines Familienangehörigen
  • nach einem eiskalten Getränk
  • etc.
  • die verletzte Stelle fühlt sich wund an
  • das Gelenk ist steif (zu Beginn) einer Bewegung
  • die Beschwerden tauchen täglich um 16.00 Uhr auf
  • die Schmerzen sind stechend, pulsierend, schiessend, drückend etc.
  • etc.
  • warme oder kalte Anwendungen
  • Vollmond
  • Gesellschaft
  • alleine sein
  • Wettereinflüsse wie kalt und trocken, warm und feucht, heiss etc.
  • etc.
  • Appetit (viel, wenig etc.)
  • Essensvorlieben und -abneigungen (süss, sauer, salzig, scharf, pikant, fettig etc.)
  • Durst (viel, wenig, heiss, kalt, lauwarm, morgens, abends etc.)
  • Menstruation
  • Verdauungsgewohnheiten
  • Sexualität
  • Bewegung
  • etc.
  • Gedächtnis und Konzentration
  • Ängste
  • Emotionen (wie äussern sie sich?)
  • Lernverhalten und/oder -störungen
  • Entscheidungen treffen
  • weinen (möglich, erleichternd etc.?)
  • Perfektionismus
  • Eifersucht
  • Trost
  • Ordnung, Pünktlichkeit, Sauberkeit
  • etc.

Achtung mit Voreingenommenheit

Sie sehen, jeder Patient äussert seine Beschwerden auf unterschiedliche Art und Weise, und sie verbessern oder verschlimmern sich individuell. Was dem einen nützt, hilft dem anderen nicht unbedingt. Seien Sie deshalb vorsichtig mit Empfehlungen wie «kaltes Wasser trinken bei Halsweh schadet» oder «spazieren an kalter Luft mit einer Erkältung ist nicht empfehlenswert» oder «Joggen mit Nackenverspannungen ist ungesund». Halsweh kann mit kalten Getränken bessern und der Nacken kann sich nach einer intensiven Joggingrunde wunderbar entspannen. Seien Sie offen und probieren Sie neue Wege aus.

Mittelwirkung beobachten

Die eigenen Beobachtungen des Patienten nach der Mitteleinnahme sind für den Homöopathen ein wichtiger Wegweiser zur Beurteilung der Arzneimittelwirkung. Wirkungen können kurzfristig oder erst nach Wochen bis Monaten auftreten. Sie sind Zeichen für einen positiven Behandlungsverlauf und ähneln einem «inneren Hausputz». Was sich über Jahre angesammelt hat, gelangt an die Oberfläche und kann mit der Zeit bereinigt werden. Zum Beispiel:

  • Körperliche Beschwerden können sich intensivieren. Asthma, Hautauschlag etc. wird stärker, bevor die Beschwerde bessert. Trotzdem fühlt sich das Individuum nicht wie üblich psychisch beeinträchtigt, sondern die Beschwerden werden mit mehr innerer Gelassenheit hingenommen. Die persönliche Energie ist üblicherweise grösser als in ähnlich bekannten Situationen. Diese sogenannte Verschlimmerung tritt häufiger bei chronischen Beschwerden auf.
  • Bestehende Beschwerden verändern sich. Als Beispiel treten bei der nächsten Zystitis nun drückende statt brennende Schmerzen auf, Kopfschmerzen sind neu rechts- anstatt linksseitig und das Asthma tritt nun bei Belastung auf, aber nicht mehr im Ruhezustand.
  • Vergangene Krankheiten oder Beschwerden treten nochmals auf. Zum Beispiel schmerzt Sie nun plötzlich eine Bruchstelle eines seit langem folgenlos verheilten Bruches. Sie verspüren Schmerzen in alten Narben oder ein alter Hautausschlag erscheint nochmals.
  • Neue Symptome treten auf: vermehrtes Schwitzen/Wasserlassen, Durchfall, Nasenbluten, kurzfristig verstärkte Menstruationsblutung etc.
  • Auf der Gemütsebene treten ebenfalls Veränderungen ein: Sie setzen sich nun früher und verstärkter für Ihre Interessen ein, wo Sie früher vieles hingenommen und Ihre Emotionen geschluckt haben. Sie können wieder weinen, manchmal vielleicht ohne einen Grund, und ängstigen sich auf einmal weniger, nachdem Sie früher vor vielen Dingen Angst verspürten.

Eine homöopathische Behandlung bietet dem Patienten die Gelegenheit, sich aktiv mit seiner eigenen Person auseinanderzusetzen und im Heilungsprozess mitzuwirken. Denn je besser sich der Patient kennt und beobachtet, umso präziser kann er die Fragen des Homöopathen beantworten und umso leichter kann die passende Arznei gefunden werden.